Gemeinsam Leben Lernen im und durch den Sport (GLL Sport)

Das Kunstwerk Toleranz von Michael Bögle ist eine Auftragsarbeit, welche als Intention die Verkörperung von „Toleranz“ durch eine andere Ausdrucksform, der Kunst, zum Ausdruck bringen sollte. Aus Sicht der Kontakt Stiftung ist dem renommierten Freiburger Künstler, Michael Bögle, dieses in besonderer Weise gelungen, was in der Werkbeschreibung nachvollziehbar ist.

Projektarbeit

Projektarbeitstreffen Gemeinsam Leben Lernen im und durch den Sport (GLL Sport) am 14.01.2021 mit Günter Hennig und Dr. Peter Unmüßig in Gundelfingen

Dieses Stiftungsprojekt an der Universität Konstanz ist neu und aktuell, hier fand ein Treffen der Projektbeteiligten am 06. November 2020 virtuell statt.

Gesamtprojekt: „Gemeinsinn im Sport“

„Denn auch wenn mir die Welt in all den Jahren einiges geboten hat; alles, was ich schließlich am sichersten über Moral und menschliche Verpflichtungen weiß, verdanke ich dem Sport.“ Albert Camus, 1957 (anlässlich der Verleihung des Literaturnobelpreises)

Teilprojekt: “EVO2LVE im Sport und im Leben” (EVO2LVE in sports and in life)

 

I. “Back to the roots” (Zeitgemäßes Update bezüglich der Umsetzung der Olympischen Idee):

1. Der Denkansatz dieses Projektes geht auf Pierre de Coubertin zurück. Das Denken und Handeln von Coubertin lässt sich folgendermaßen begründen:

i von Coubertin:

a. Er sah angesichts der Schlachtfelder dieser Welt den Frieden auf der Erde gefährdet und war auf der Suche nach friedensbildenden Maßnahmen und Konzepten vom Grunde her. b. Er kritisierte das damalige französische Bildungssystem, bei dem es seiner Ansicht nach nur um die Erziehung und Bildung des Verstandes und des Intellektes ging. Bildung und Erziehung müsse eine Dreiheit von Bildung des Körpers, des Intellektes und des Charakters beinhalten.

2. Grundlegende Ziele von Coubertin:

a. Die von ihm begründete olympische Erziehung zielte in ihrem Hauptanliegen auf die Herausbildung einer werteorientierten Haltung. Der Olympismus besitzt für ihn eine Erziehungsfunktion des Menschen, die nicht allein auf das Sporttreiben beschränkt ist, sondern die sich auf das persönliche Leben als Ganzes beziehen sollte. Fähigkeiten und Fertigkeiten, die durch das Sporttreiben vermittelt und integriert werden können, entsprechen nur dann der Idee des Olympismus, wenn eine bestimmte Haltung erreicht werden kann, bzw. bestimmte Werte vermittelt werden. b. Die pädagogischen Bildungsideale von Coubertin fasst Ommo Grupe folgendermaßen zusammen: Prinzip der Leib-Seele-Einheit des Menschen, Selbstvollendung als “Bemühen um das sportliche Können”, Ideal des Amateurismus, Regeln der Aufrichtigkeit und der Fairness, Prinzip der gegenseitigen Achtung und des Friedens.

 

II. Das Update von EVOLVE:

1. Anlass/Ausgangspunkt der Überlegungen des EVO2LVE - Teams:

a. Aktuell ist festzustellen, dass die Herausforderungen bezüglich eines möglichen Friedens deutlich gestiegen sind: Migration (Klima- und Kriegsflüchtlinge), Diskriminierung, Polarisierung, antidemokratische Tendenzen, etc. Übergreifend ertönen Rufe nach mehr Zusammenhalt und der Entwicklung von notwendigem Gemeinsinn.

b. Die olympische Idee wurde und wird von vielen Akteuren missbraucht oder missachtet. Neue Methoden sind von Grund auf zu entwickeln und etablieren, um die olympischen Werte wieder in den Fokus zu rücken.

c. Es geht in diesem Zusammenhang um die Entwicklung von Konzepten und Strategien, die nicht allein auf „höher, schneller, weiter“ setzen, sondern ebenso im Zusammenhang die persönliche und gesellschaftliche Entwicklung der Sportler als bedeutungsvoll ansehen.

2. Grundlegende Ziele von EVO2LVE:

a. EVO2LVE betrachtet ähnlich wie Coubertin vor nunmehr 140 Jahren das Menschen verbindende Sporttreiben als Katalysator einer Entwicklung für mehr Gemeinsinn und damit mehr Frieden auf dieser Welt.

b. Worauf zielt das “Update” ab?

  • Es handelt sich bei der Olympischen Erziehung im Kern um eine pädagogische Erziehung. EVO2LVE bezieht in das pädagogisch orientierte Vermittlungskonzept Elemente eines Life-Skills Trainings mit ein, dass zur Zeit von Coubertin noch nicht vorlag.
  • EVO2LVE bezieht in den Vermittlungsprozess neuere Erkenntnisse und Strategien aus dem Bereich der Sportpsychologie und Sportphilosophie ein, die vor allem mit der Persönlichkeits- und Teamentwicklung zu tun haben.
  • Die im Rahmen von EVO2LVE vermittelten Kompetenzen finden zunächst Anwendung im rein sportlich gegebenen Kontext. Es erfolgt zudem ein Transfer auf lebensweltliche Kontexte, so dass Synergien entstehen und damit eine zusätzliche Sicherung erfolgen kann. Damit erfolgt neben einer sportspezifischen Orientierung ebenso nach Möglichkeit auch eine lebensweltliche Orientierung.
  • Im Fall z.B. einer Zusammenarbeit zwischen Schule und Verein existiert mit “Gemeinsam Leben Lernen – Gemeinsam Lernen Lernen” ein Konzept, das parallel zum Vorgehen im Sportverein eingesetzt werden kann.
  • Die Wertevermittlung und Werteorientierung, auch mit dem Ziel über die stattfindende Persönlichkeitsentwicklung Gemeinsinn bei den Sportlern auszubilden, nimmt im Zusammenhang mit dem Durchführen von EVO2LVE eine zentrale Rolle ein. Bedeutungsvoll in diesem Kontext: Vermitteln und Anstreben einer verantwortungsvollen Balance zwischen Eigensinn und Gemeinsinn.

Aus der Anwendung und Durchführung dieser einzelnen Aspekte ergeben sich folgende Zielsetzungen:

  • Der Persönlichkeitsentwicklung wird im Bereich des Sports neben der Vermittlung und Entwicklung von Taktik, Technik oder Athletik quasi ein eigener Raum zugestanden und in den Trainingsalltag integriert.
  • Orientiert an den Grundideen von Coubertin wird dem Sport nicht nur eine pädagogische, sondern auch gesamtgesellschaftliche Aufgabe zugewiesen. -> Sportliche und olympische Werte, die dem Gemeinsinn dienen, werden als Leitfaden für die Persönlichkeitsentwicklung herangezogen.

„Im Sport für das Leben lernen – im Leben für den Sport lernen“

3. Bausteine von EVO2LVE:

Emotionen – Emotionen sind sowohl Antrieb als auch Herausforderung in und außerhalb des Sports. Emotionale Intelligenz und Emotionsregulation sind grundlegende Fertigkeiten, die im Sport erlernt werden können.

Verantwortung – Sowohl die Verantwortung für sich selbst als auch die Verantwortung für eine Gruppe können im Sport erlernt werden.

Orientierung – Gemeinsame Werte können Orientierung für das eigene Handeln liefern. Der Olympismus bietet dafür eine gute Grundlage.

Optimierung – Wie schon von Coubertin angedacht ist eine Selbstoptimierung sowohl als Sportler als auch als Mensch durch das sportliche Training und den Wettkampf möglich.

Lebenskompetenz – Der Sport kann eine herausragende Gelegenheit bieten, um Kompetenzen im Umgang mit Herausforderungen wie Anstrengung, Fehlern, Misserfolgen und Konflikten zu erlernen, die auch im alltäglichen Leben helfen können.

Vertrauen – Sowohl Selbstvertrauen als auch das Vertrauen in andere Menschen kann im Sport erlebbar gemacht werden.

Entwicklung – Der Sport bietet Entwicklungsmöglichkeiten unter dem Brennglas. Eine nachhaltige Entwicklung des Körpers, des Verstandes und der Persönlichkeit braucht funktionale Rahmenbedingungen und Ideen aller Beteiligter.

 

III. Die Fortbildung und Begleitung zum Projekt EVO2LVE

Zielgruppe: Trainer, „Funktionäre“, den unterschiedlichen möglichen Zielen entsprechend auch Lehrer (Kooperation mit Schulen) oder Eltern von jüngeren Sportlern. Anzustreben ist eine Zahl von 18 bis 24 Teilnehmern, aus mindesten 2-3 Sportvereinen und/oder Verbänden.

Testseminar: 1 ½ Tage mit folgender abzustimmender Begleitung (ca. 4 halbtägige Treffen und möglicher Hospitation vor Ort. Dieses Testseminar bildet die Grundlage für weitere vertiefende Entwicklungen zum „fertigen“ Seminar, in dem über die hier vermittelten Inhalte weitere Inhalte angeboten werden.

Themen: Sport als Lebenskompetenztraining, Selbstkonzept und Selbstregulation, Perspektivenwechsel und Empathie, Werte (an)erkennen und leben lernen, wir tun etwas für unseren Mannschaftsgeist!

Vorgehen: Anwendung des Vier-Schritt-Verfahrens

1. Ausgangspunkt: Die Persönlichkeitsentwicklung der Sportler steht im Vordergrund der im Seminar angebotenen Aneignungs- und Lernprozesse. Es geht darum die vielfältigen und herausfordernden Situationen im Training und im Wettkampf besser annehmen und bewältigen zu lernen. Konkrete Beispiele und Übungen dienen erfahrungsorientiert als Ausgangspunkt der Seminararbeit. Diese Situationen, die sich im Menschen selbst abspielen, sich aber auch zwischen den beteiligten Menschen ergeben, haben eine wesentliche Funktion, um durch die Prozesse, konstruktiv und lösungsorientiert Kompetenzen und Strategien kennenzulernen.

2. Vermittlung: Diese Vermittlung erfolgt im Seminar jeweils in Form von Reflexionsprozessen, Erfahrungsaustausch und „Trockenübungen“, die an den konkreten Erfahrungen in Training und Wettkampf ansetzen und neue Ideen entwickeln sollen.

3. Anwendung: Aus den gemeinsamen Erfahrungen sollen Möglichkeiten für eine konkrete Anwendung im jeweiligen Trainings-, Wettkampf- aber auch Lebensalltag erarbeitet werden. Die Teilnehmer entwickeln einen Plan, wie sie in ihrem spezifischen Kontext in die Umsetzung kommen können.

4. Nachhaltigkeit und Sicherung: Begleitung, persönliche Gespräch und Auswertungen, sowie Evaluation der Erfahrungen. Beim Testseminar spielen Auswertungs- und Evaluationsverfahren eine besondere Rolle, da es sich um erste Erfahrungen bezüglich der Umsetzung dieses Ansatzes geht.

Seminarunterlagen: Textmaterial, Selbstreflexionsbögen, Tagebuch, „Sätze“ und Impulse für den Sport- und Lebensalltag, Hotline zu den Ausbildern

Weitere Informationen durch:

Markus Gretz - Leiter Sportpsychologie bei SSV Ulm 1846 Fußball e. V.; Sportpsychologischer Experte Olympiastützpunkt Stuttgart (info@mg-sportpsychologie.de) Günther Hennig – Institut für angewandte Sozialwissenschaftliche Forschung (hennig@IsFev.de)

Für Leser, die an dieser Stelle noch ausführlicher informiert werden möchte, im Folgenden weitere Texte der Autoren:

Aktuelle Herausforderungen und der Gemeinsinn

„Die Herausforderungen sind vielfältig: In Zeiten gestiegener weltweiter Migration (z.B. von Kriegs- oder Klimaflüchtlingen) und erhöhter Mobilität wie Diversität, belasten antidemokratische Tendenzen, autoritärer Populismus, Antisemitismus, Rassismus und ausschließende Diskurse zunehmend das gesellschaftliche Zusammenleben. Die Rede vom ‚gesellschaftlichen Zusammenhalt‘ ist derzeit die meistgebrauchte Formel in der politischen Rhetorik. Indem wir das Wort ‚Zusammenhalt‘ durch ‚Gemeinsinn‘ ersetzen, verschieben wir ein wenig die Perspektive. Wer Zusammenhalt sagt, denkt an etwas, das von oben und außen zusammengehalten werden muss, weil es aus den Fugen gerät. Mit dem Wort Gemeinsinn geht man nicht von einem Kollektiv wie der Gesellschaft aus, sondern von den Voraussetzungen der Einzelnen, die etwas einbringen. Die Bewegung kommt also von innen, nicht von außen, sie muss von den Menschen selbst hergestellt und aufgebaut werden.“ 1)

 

I.2. Gemeinsinn und Gemeinschaftssinn

„Gemeinsinn bezieht sich somit auf eine Haltung Einzelner, sich immer der Verantwortung gegenüber Anderen, gleich welcher Größenordnung, von der Kleinstfamilie bis zur Menschheit, bewusst zu sein. “Gemeinschaftssinn” begrenzt diese Haltung auf eine “Gemeinschaft”, d.h. eine in ihrer besonderen Verbundenheit nach innen sich immer gegenüber den Anderen der Außenwelt abgrenzenden Gruppe. Gemeinsinn kennt keine solche Außenabgrenzung.“ 2) Gleichwohl öffnen Anregungen zur Ausbildung eines ausgeprägten Gemeinschaftssinns im Denken, Leben und Handeln eines Menschen eine wesentliche Voraussetzung dafür einen Gemeinsinn auszubilden, aus dem heraus über die eigene Gruppe hinaus übergreifend gefühlt und gedacht wird sowie eben auch Verantwortung empfunden und wahrgenommen wird.

 

I.3. Gemeinschaftssinn bei Kindern und Jugendlichen

„Gemeinschaftssinn ist einer der tragenden Pfeiler unserer Gesellschaft. Zu seinen Grundlagen gehören Kompetenzen wie Empathie, Solidarität, Respekt, Hilfsbereitschaft und soziale Integration. Diese Grundlagen werden größtenteils in der Kindheit und der frühen Jugend erfahren und erlernt.“ 3) Eine Studie, die die Universität Bielefeld im Auftrag der Bepanthen – Kinderförderung durchführte, ging der Fragestellung nach, wie ist es bei der heranwachsenden Generation um diesen Gemeinschaftssinn bestellt ist?“ 4) . Das Ergebnis kurz zusammengefasst: Jeder dritte Jugendliche weist nur einen geringen Gemeinschaftssinn auf. „Gemeinschaftssinn ist jedoch ein zutiefst demokratischer Wert – und der moralische Kitt für unsere Gesellschaft. Er bedeutet die Anerkennung der Gleichwertigkeit und der Ansprüche anderer – unabhängig von Unterschieden in Tradition, Religion, Nationalität oder sozioökonomischem Status“ 5) … und beinhaltet zugleich – wie oben ausgeführt eine wesentliche Voraussetzung für die Ausbildung von Gemeinsinn.

 

II. Die Grundlagen und Ziele des Projektes

Viele Kinder und Jugendliche nutzen in ihrer zur Verfügung stehenden freien Zeit die unterschiedlichste Angebote von Sportvereinen. Es ist das Ziel dieses Projektes, neben der Vermittlung von sportlichen Fertigkeiten und Können Impulse und Strategien anzubieten, die es im grundsätzlichen Zusammenhang mit der Ausübung sportlicher Tätigkeiten ermöglichen, zum einen die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder und Jugendlichen und zum anderen in den gegebenen Zusammenhängen den Gemeinschaftssinn und den Gemeinsinn in den angestrebten Prozessen gezielt zu fördern. „GLL Sport“ ist als ein Lebenskompetenztraining (Life Skills Training) einzustufen. Bei den zu vermittelnden „Skills“ handelt es sich Fertigkeiten, die benötigt werden, um Herausforderungen und Aufgaben, die sich im Bereich des Sports, aber auch des alltäglichen Lebens ergeben, günstig und jeweils angemessen bewältigen zu können. Ein Schwerpunkt der Vermittlung bezieht sich auf die dieser Vermittlung folgende situationsspezifische Anwendung in den konkreten Lebenskontexten und der gegebenen Alltagsrealität. Die WHO definiert insgesamt zehn zentrale Kernkompetenzen, die es im Rahmen von Lebenskompetenzförderung zu vermitteln gilt. 6) Die Vermittlung dieser Kernkompetenzen nimmt bei GLL Sport eine zentrale Rolle ein. Zudem orientiert sich GLL Sport an einem weiterentwickelten Leitbild der Olympischen Idee von Pierre de Coubertin. Die Olympische Idee war für Coubertin vor allem auch eine pädagogische Idee. Es geht u.a. um das Gebot der Fairness, der Einhaltung von Regeln und die Notwendigkeit des Friedens zwischen den Menschen und den Nationen.

 

III. Inhalte und methodische Grundlagen

GLL Sport spricht das „ICH“, die Beziehung zum „DU“ und das „Wir“ von Sportlern an:

Das „ICH“ (Methoden: u.a. Introvision, Kognitive Umstrukturierung, Achtsamkeitstraining, individualethische Diskurse)

Selbstwahrnehmung
Eigene Gefühle wahrnehmen

Selbstregulation
Selbstkonzept

Kreativität
Empathiefähigkeit

Umgang mit Stress und Ärger
Problemlösefähigkeit

Die Beziehung vom „Ich“ zum „DU“ (Methoden: u.a. Gewaltfreie Kommunikation, Konstruktive Konfliktlösung)

Zuhören
Verstehen

Selbstwahrnehmung/Fremdwahrnehmung
Perspektivenwechsel

Beziehungsfähigkeit
Kooperationsfähigkeit

Kommunikative Kompetenz
Konfliktlösefähigkeit

Das „Wir“ (Methoden: u.a. Vermittlung von Demokratiekompetenz, sozialethische Diskurse)

Teamgeist
Teilhabe

Verantwortung
Fair Play

Rechte und Pflichten
Die Goldene Regel

Werte
Balance zwischen Eigensinn und Gemeinsinn

 

IV. Vermittlung

a) Prämissen einer erfolgreichen Arbeit

∙ Erarbeitung, Verdeutlichung und Erfahrbarkeit der Sinnhaftigkeit des Projektes

  • für den Sportler
  • für die Mannschaft
  • für den Trainer
  • für den Verein
  • für den Verband
  • für die Gesellschaft! (Lebenskompetenztraining)

∙ Herstellen einer guten Beziehung als Voraussetzung für eine ehrliche und offene Zusammenarbeit

b) Zur Systematik der Vermittlung der Kompetenzen

  1. Ausgangspunkt sind sowohl innere Abläufe und Zustände der Sportler als auch konkrete äußere Ereignisse und Situationen, die im Lebensalltag des Sportlers und im Wettkampf eine Rolle spielen können oder aktuell präsent sind.

  2. Die jeweiligen Prozesse werden auf unterschiedliche Art und Weise möglichst nah und mit deutlichem Bezug zur konkreten Erfahrung in klar strukturierter und somit geschützter Art und Weise genutzt, um jeweils geeignete Lösungsstrategien und im Verbund persönliche Kompetenzen in den einzelnen Erfahrungsfeldern zu vermitteln.

  3. Anwendung und Einübung der vermittelten und erworbenen Kompetenzen in passenden künftigen Situationen und weitere Verfeinerung und Sicherung des Erworbenen.

  4. Für den Prozess der Anwendung und des Einübens wird eine Handreichung für den alltäglichen Gebrauch im Sportbereich erarbeitet. Diese soll in Anlehnung an das bestehende Praxishandbuch „So gelingt Zusammenarbeit – Die fünf Häuser partnerschaftlichen Lernens“ (Gemeinsam leben lernen) möglichst sofort und einfach in der Praxis umsetzbar sein. Dies gewährleistet die Praxistauglichkeit für Trainer zum direkten Einsatz – also die Vermittlung von Gemeinsinn – für das Training (im Sport) und im Training (durch Sport). Hierdurch ergibt sich auch die barrierefreie Umsetzbarkeit für die Trainer Aus- und Fortbildung. Die Handreichung wird deshalb in verschiedenen medialen Formen zur Verfügung gestellt werden. Angepasst an die Bedürfnisse der Zielgruppe.

Zusätzlicher Nutzen ergibt sich zudem durch den möglichen Transfer auf andere Situationen im jeweils gegebenen Lebensalltag.

Denn es werden Lebenskompetenzen vermittelt, die nicht nur im sportlichen Alltag, sondern auch im Lebensalltag eine Rolle spielen. Ein Sportler, dem es deshalb gelingt mit Hilfe dieser Fähigkeiten, allgemein auftretende Lebenssituationen günstig zu gestalten, kann mit diesem „ Werkzeug“ auch die spezifischen im Sport und durch den Sport gestellten Aufgaben lösen.

Durch die neue oder verbesserte Kompetenz allgemein auftretende Lebenssituationen zu meistern hält sich der Sportler sozusagen auch „den Rücken frei“, um sich ganz auf die Herausforderungen konzentrieren zu können, die sich durch die sportlichen Belastungen und Herausforderungen für ihn ergeben. Es ist deshalb von einem doppelten Gewinn für den Sportler zu sprechen.

An dieser Stelle wird die Sinnhaftigkeit von Gemeinsinn und dessen Umsetzung in der eigenen Lebenswirklichkeit - welche natürlich auch den Sportbereich umfasst - für den Sportler tatsächlich real auch „erfahrbar“, da er bewusst und „mündig“ handelt und so auch in eine Ausgangslage versetzt wird, welche positive sportliche Leistungen nicht nur grundsätzlich begünstigen kann, sondern auch geeignet ist diese effektiv zu fördern. Der Mensch, welcher hier auch Sportler ist, profitiert somit in doppelter Weise auf zwei Ebenen. Der „mündige“ Sportler profitiert jedoch nicht nur isoliert persönlich, sondern ist auch eine Bereicherung für sein allgemeines und insbesondere auch für sein sportliches Umfeld.

 

V. Initiator, Entwicklungsteam und Fortbildner

Initiator des Projektes ist die Kontakt Stiftung in Gundelfingen. Die Projektidee ist entstanden aus dem interdisziplinären Forschungsprojekt an der Universität Konstanz „Gemeinsinn. Was ihn bedroht und was wir für ihn tun können“, für welches 2020 der Dr. K. H. Eberle Preis verliehen wurde. Das Projekt Gemeinsam Leben Lernen im und durch den Sport (GLL Sport) ist hieran assoziiert.

Im Entwicklungsteam haben sich Wissenschaftler, Mentaltrainer, Trainer für soziales, kooperatives Lernen und Demokratieentwicklung, aber auch Sportler aus verschiedenen Disziplinen zusammengefunden. Es handelt sich um eine offene Gruppe. Weitere an der Entwicklung und Umsetzung interessierte Personen können in dieser Startphase noch aufgenommen werden.

Fortbildner ist in der ersten Phase Günther Hennig, der das Institut für angewandte sozialwissenschaftliche Forschung leitet und der im Bereich Schule bereits zahlreiche Lebenskompenztrainings mit Lehrern durchgeführt hat. Unterstützt wird er durch Markus Gretz, der als sportpsychologischer Experte und langjähriger hauptberuflicher Basketballtrainer viel Erfahrung aus dem praktischen Sport mitbringt.

Anfang 2022 findet das erste Testseminar statt, dass in einem angestrebten zunächst kleineren Umfang dem Ziel dient, erste Erfahrungen zu sammeln. Das komplette Seminarprogramm wird nach der ersten Testphase ab dem Sommer 2022 entwickelt und in der Folge ab Sommer 2023 angeboten und durchgeführt.

Verantwortliche Wissenschaftler

Günter Hennig

Günter Hennig ist Leiter des Institutes für angewandte sozialwissenschaftliche Forschung e.V. Er lehrt an der Universität Potsdam und leitete bereits mehr als 1.400 Seminare zu den Themen Soziales Lernen, Kooperatives Lernen sowie interkulturelles Lernen und dem Vermitteln von Demokratie- und Medienkompetenz im Zusammenhang mit Unterrichts- und Schulentwicklung. Er bildete zahlreiche Praxisbegleiter und Multiplikatoren aus.

Nach seinem Staatsexamen (Sek. I und II in den Fächern Biologie, Philosophie und Sport, Universität Hannover) und einer anschließenden Beratungslehrerausbildung war er u. A. von 1984 bis 2003 für das Kultusministerium Hannover (Abordnungen) mit den Themen Rahmenrichtlinienkommission Biologie, Gesundheits- und Umwelterziehung sowie Organisationsentwicklung, Soziales Lernen und Entwicklung einer Praxisbegleitung im Auftrag des MK tätig.

Am Landesinstitut für Schule in Bremen war er von 2003 bis 2007 verantwortlich für den Bereich Soziales Lernen und arbeitete von 2007 bis 2013 am Ministerium für Bildung, Jugend und Sport in Potsdam und war zudem Projektleiter und Ausbilder für ein landesübergreifendes Projekt zum Themenbereich Soziales Lernen. Seit 2018 ist Günther Hennig Projektleiter und Ausbilder im Zusammenhang mit der pädagogischen Qualifizierung im Ministerium für Bildung, Jugend und Sport in Potsdam sowie im Land Brandenburg.

Markus Gretz

Markus Gretz studierte Sportwissenschaften und Psychologie an der Friedrich Schiller Universität Jena. Dort schrieb er seine Bachelorarbeit im Bereich Sportpsychologie über das Pausenverhalten von Basketballtrainern. Für das Masterstudium wechselte er an die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Für die Masterarbeit im Fachbereich Angewandte Sportpsychologie entwickelte er eine Feld- und Experimentalstudie zum Umgang mit Druck und Nervosität beim Basketballfreiwurf durch kognitives Umstrukturieren. Sowohl in Jena als auch in Halle arbeitete er auf als Basketballtrainer mit Jugendbundesligisten aus dem männlichen und weiblichen Bereich.

Nach dem Masterstudium zog Markus Gretz nach Ulm und arbeitete von 2016 bis 2021 als hauptamtlicher Basketballtrainer, Schulprojektleiter, Leiter der Ballschule und Jugendkoordinator im Verein scanplus baskets SV Oberelchingen e.V.. Im Frühjahr 2021 trat er schließlich eine Stelle als Leiter der Sportpsychologie im Fußball Nachwuchsleistungszentrum des SSV Ulm 1846 Fußball e.V. an. Außerdem betreut er selbständig als sportpsychologischer Berater Sportler*innen aus unterschiedlichsten Sportarten und kooperiert dabei unter anderem mit dem Olympiastützpunkt Stuttgart als sportpsychologischer Berater für den Bereich Ost-Württemberg.

Quellen

  1. Universität Konstanz, Homepage – „Gemeinsinn, was ihn bedroht und was wir tun können“ – Prof. Aleida Assmann und Prof. Jan Assmann
  2. Zitiert nach einem Austausch mit Prof. Jan Assmann
  3. Universität Konstanz, Homepage – „Gemeinsinn, was ihn bedroht und was wir tun können“ – Prof. Aleida Assmann und Prof. Jan Assmann
  4. Bayer Vital – Bepanthen Kinderförderung – „Generation Rücksichtslos – Gemeinschaftssinn bei Kindern und Jugendlichen, Leverkusen 2019
  5. Prof. Holger Ziegler – Leiter der Studie der Bepanthen-Kinderförderung
  6. Quelle: http://www.leitbegriffe.bzga.de/